[image ALT: Much of my site will be useless to you if you\'ve got the images turned off!]
mail: Bill Thayer 
[image ALT: Cliccare qui per una pagina di aiuto in Italiano.]
Italiano
[Link to a series of help pages]
Help
[Link to the next level up]
Up
[Link to my homepage]
Home

This webpage reproduces an article in
Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde
und für Kirchengeschichte

ed. A. de Waal and S. Ehses, Rome 1905.

The text is in the public domain: Enrico Wüscher-Becchi died in 1932.

This page has been carefully proofread
and I believe it to be free of errors.
If you find a mistake though, please let me know!

p42 Das Oratorium des hl. Cassius
und das Grab des hl. Juvenal in Narni.
E. Wüscher-Becchi.


[image ALT: zzz]

P. Grisar schreibt in seiner Geschichte "Roms und der Päpste" (Freiburg, 1902) pag. 753: "Das Städtchen Narnia an der Flaminia, das mit römischen Altertümern in seiner Umgebung ausgestattet ist, hütet im Dom die enge Grabhöhle des heiligen Juvenalis, ersten Bischofs der Stadt, mit dem alten Sarkophage desselben und mit der Ruhestätte des noch berühmteren Cassius". Wir kennen den Bischof Cassius aus den Homilien und Dialogen Gregor's des Grossen und wissen, dass er täglich unter Tränen das heilige Opfer am Grab des Bischofs Juvenal, seines Vorbildes, feierte. In demselben Oratorium seines Episcopiums erreichte ihn der Tod, als er am S. Peter- und Paulstage des Jahres 558 das hl. Messopfer dargebracht und allen den Friedenskuss gegeben hatte.1

Dieses Oratorium mit der Grabhöhle des hl. Juvenal existiert heute noch zum grössten Teil, obwohl durch Anbauten stark verändert und entstellt, dem linken Seitenschiffe der Kathedrale inkorporiert. Bekannt ist schon die über der Eingangstüre desselben angebrachte Grabschrift des Bischofs Cassius und seiner Gemahlin Fausta, eine Reliefplatte, auf der links und rechts von einem gleichschenkligen Kreuze mit wenig ausgeschweiften Enden, zwei Lämmer dargestellt sind; es ist von Garucci Vol. V, Tav. 393, Fig. 6, von Giov. Eroli in seiner "Descrizione delle chiese di Narni e suoi dintorni," Narni 1898, pag. 47‑55, cap. VI, sowie von Grisar, op. cit. pag. 759 wiedergegeben. Ueber das Oratorium selbst hat meines Wissens ausser Eroli Niemand geschrieben, und auch dieser lässt in p43seiner Beschreibung viel zu wünschen übrig; Grisar, welcher Grabschrift und Sarkophag erwähnt, sagt kein Wort von der Gestalt des Oratoriums selbst.

Das Oratorium des hl. Cassius oder "del Corpo Santo", wie es in Narni heisst, hat seine Fronte dem Mittelschiffe zugekehrt und befindet sich zwischen der heute mit prächtigen Skulpturen der Renaissance ausgeschmückten alten Sakramentskapelle D (jetzt "di Sant' Antonio Abbate") und der Kapelle der "Madonna del Ponte" C. Die Façade unseres Oratoriums erscheint als eine von einer Tür durchbrochene mit weissen Marmorplatten getäfelte und durch horizontale Gesimse in 4 Stockwerke geteilte Wand, die wiederum vertikal von canellierten Pilastern in rechteckige oder quadratische Felder geteilt ist, mit einem Durchmesser von ca. 90 cm Höhe und 85 in der Breite. Links sowohl wie rechts von dieser regelmässig eingeteilten Marmorwand setzt sich die Marmorvertäfelung, aber ohne jedwede Gliederung und in unregelmässigen Lagen fort, links von einer halbrunden Nische und einer kleineren Türe, rechts von einer Nische allein durchbrochen. In den Nischen findet sich links ein sitzender und segnender Bischof, wahrscheinlich St. Juvenal, rechts eine "Pietà", die nach ihrem Charakter dem Ausgang des XIV Jahrhunderts, und nicht, wie Eroli behauptet, dem VI oder VII Jahrhundert angehören. Er sagt: "Ma nella loro rozzezza tanto la facciata, quanto queste statue sono da tenersi in conto per la loro remota antichità, non oltrepassando il sec. VII, e pel loro costume di acconciatura, scoltura e vestiario". Aber gerade "l' acconciatura, scoltura e vestiario" weisen sie mit absoluter Sicherheit weder dem p45siebenten noch einem der folgenden Jahrhunderte zu. Sie sind die letzte und späteste Zutat, und gehören so wenig als die Nischen selbst zum ursprünglichen Bau.

Derselbe ist deutlich zu erkennen in der durch vier Pilasterstellungen eingeteilten Wand. Auf einer reichgegliederten Basis erheben sich vier kanellierte flache Pilaster, welche die Wand in vier Felder teilen; über denselben ruht ein ebenfalls reich profiliertes Gesims, auf welchem sich dieselbe Pilasterstellung wiederholt. Das mittelste Feld, zwischen dem zweiten und dritten Pilaster, ist durchbrochen von einer Türe, deren Gesimse an das der zweiten Zone oder Stockwerkes anstösst. Ueber diesem und der Türe endlich läuft ein schmäleres ungegliedertes Gesimse, auf welchem schmale Pilaster mit nur drei Canellieren ein weiteres Stockwerk in vier Felder teilen. Der mittelste Pilaster wurde später fast bis an's Kapitell ausgemeisselt, um die Reliefplatte mit der Grabschrift des hl. Cassius aufzunehmen. Pilaster wie Marmorbeschlag sind aus weissem, jetzt durch Alter, Schmutz und Rauch schwarz oder dunkel gewordenen Marmor, und nicht etwa, wie Eroli glaubte "tinto forse in nero per indicare ch' era luogo di sepolcri". Ueber dem dritten Stockwerk läuft nochmals als Abschluss ein schmuckloses breites Gesims. Was vom ursprünglichen Bau noch erhalten ist, haben wir somit vor uns. — Einer späteren Zeit gehört unstreitig das vierte Stockwerk, über dessen vier ganz flachen und mit Mosaik verzierten Pilastern ein breites, ebenfalls mosaikiertes Band hinläuft, welches sich aber weit über die Front des alten Oratoriums hinauszieht und über den beiden Nischen der späteren Anbauten hinläuft, offenbar um dieselben mit der alten Façade zu verbinden. Die Mosaikzierung reicht zwar über diese alte Front hinaus, setzt sich aber nicht bis über die Nischen fort. Dasselbe geometrische Muster, das aus sich tangierenden Kreisen mit eingelegten Segmenten von Porphyr und Serpentin besteht, ist auch bei einer spätem Reparatur der Eingangstüre und der kleinem Nebentüre des linken Anbaues verwendet. Derselben Zeit dürfte das schöne Gitter der Ersteren angehören.

Wir haben versucht, das Monument in seiner ursprünglichen Gestalt, ohne die spätern Anbauten und Umgestaltungen2 zurückzukonstruieren. p45Darnach wäre das Oratorium ein der Grotte vorgebauter Raum von wenig Meter Tiefe. Das Innere samt der Grotte hat nicht mehr Tiefe, als die nebenanliegende Sakramentskapelle. Möglicherweise erhob sich der Bau über Stufen, da der Boden der Kirche, in welcher er steht, erhöht worden zu sein scheint. Ueber dem obersten Gesimse, oberhalb des dritten Stockwerks, ist entweder ein geradliniger Abschluss mit einem Dache zu ergänzen, oder es war, wie auf unserer Rekonstruktion, mit einem fastigium oder Giebel bekrönt.3

p46 Von den kanellierten Pilastern sind zwei, links von der Tür, später durch glatte ersetzt worden; andere zeigen eine auffällig rohere Ausführung, als die andern, und gehören vielleicht ebenfalls einer späteren Reparatur an.

Ueber der Eingangstüre wurde im 6. Jahrhundert die Reliefplatte mit der Grabschrift des hl. Cassius eingemauert und desshalb der mittelste Pilaster zerstört. Grisar sagt: "Die Platte ist ganz ähnlich wie der Altarrest von Ocriculum4 mit einem Kreuze zwischen zwei Lämmern in Relief verziert, und zeigt am untern Rande ein gleichzeitig eingemeisseltes Alphabet (das bei Garucci fehlt), wie es bisweilen auch auf andern christlichen Grabmälern, und zwar immer in einem mystischen Sinne, angewendet ist" (pag. 753, 754). Die Inschrift, aus sechs Hexametern bestehend, auf welche das übliche Datumzitat folgt, lautet:

CASSIVS INMERITO PRESVL DE MVNERE CHRISTIº

HIC SVA RESTITVO TERRAE MIHI CREDITA MEMBRA

QVEM FATO ANTICIPANS CONSORS DVLCISSIMA VITAE

ANTE MEVM IN PACEM REQVIESCIT FAVSTA SEPVLCRVM

TV ROGO QVISQVIS ADES PRECE NOS MEMORARE BENIGNA

CVNCTA RECEPTVRVM TE NOSCENS CONGRVA FACTIS

S. D. ANN. XXI. M. VIII.º D. X.

R. Q.º IN PACE PRIDIE KALEND.º JVL.º P. C. BASILIVSº AN.º XVII.


[image ALT: zzz]

Daraus und aus einer andern Inschrift im Innern ersehen wir, dass das Oratorium als Begräbnisstätte der jeweiligen Bischöfe diente. Letztere Inschrift gehört dem fünften Jahrhundert an und hat das Datum des Jahres 493 (Consulat des Jüngern Albin) und lautet:

HIC REQVIESCIT PANCRATIVS EPISCOPVS

FIL. PANCRATI EPISCOPI

FRATER NERCVLI EPISCOPI

DEPOSITVS III N. OCTOB. CON. ALBINI JVNIORISº

Sie ist noch an ihrem alten Platze eingemauert. Das Innere war ebenfalls bis auf eine gewisse Höhe mit weissen und farbigen Marmorplatten verkleidet, von denen aber nur wenige übrig geblieben sind. In der linken Ecke des Innenraums, wo die rechte Seitenwand an p47den Fels anstösst, führt eine enge Türe, über der ein vergittertes Fensterchen mit marmornen Reliefs (ein Agnus Dei, mit Rosetten in dem es einschliessenden Fries) sich befindet, drei Stufen tiefer in ein in den Fels gehauene Grabhöhlung, in der ein ziemlich roh gearbeiteter, jetzt leer stehender Sarkophag5 steht; es ist das Grab des hl. Juvenalis.

Die Gruft, in welcher der Sarkophag steht, ist in den Fels gehauen, auf dem seiner Zeit die Stadtmauern des römischen Narnia ruhten, wenige Schritte vom alten Stadttor, der Porta Flaminia, welche an der Stelle gestanden hat, wo sich heute der Bogen von der ehemaligen Piazza del lago (jetzt Garibaldi) zum bischöflichen Palast spannt. Und so heisst es auch in den Akten des heiligen Juvenalis: Sepultus est ad portam superiorem via Flaminia, also ausserhalb der Mauern. Der Sarkophag ist ein einfacher, schmuckloser Steintrog mit dachförmigem Deckel, an dessen Ecken die Akroterien nur roh angezeigt sind. An seiner Vorderseite ist in Halbrelief eine tabula securiclata, links und rechts mit zwei nischenförmigen p48Ornamenten, ausgemeisselt. Von Inschrift keine Spur. Vielleicht war eine solche auf der tabula mit Menning oder Atrament aufgemalt und ist mit der Zeit abgeblasst. Die Inschrift, die jetzt über dem Sarkophag zu lesen ist, wurde erst bei der Auffindung desselben und der Reliquien angebracht. Sie lautet:

SEPVLCHRVM IN HAC CRYPTA VBI CORPVS S. JVVENALISº

PRIMI EPISCOPI NARNIENS. ET MART. INVENTVM FVIT

DIE XVII APRILIS AN. DOM. MDC. XLII.

Eine alte Inschrift soll sich über der Eingangstüre befunden haben, oder, wie Eroli sagt, noch befinden (ich habe sie nicht bemerkt), die uns in drei Versionen erhalten ist. Die einfachste und jedenfalls älteste lautet:

SECRETI LOCVS EST INTVS SANCTIQVE RECESSVS

QVEM FAMVLVS CHRISTI SANCTVS JVVENALIS AMAVIT

SANCTORVM SOCIVS MERITIS EVECTVS IN ASTRA

RVPE CAVA PLACVIT TVMVLARI MEMBRA SEPVLCHRO

NE POLLVTA MANVS SACRVM CONTINGERE POSSIT

Das Oratorium, das der Grotte vorgebaut ist, soll nach der Legende vom zweiten Bischof der Stadt, Maximianus, erbaut worden sein und zwar aus den reichen Geschenken, welche Schiffbrüchige, die durch die Fürbitte des hl. Juvenalis gerettet wurden, der Kirche von Narni machten. Von dem Nachfolger Juvenals, Maximus oder Maximian (376‑416) müssen in der Tat die ältesten Teile des Oratoriums, das als Grabstätte der folgenden Bischöfe diente, herrühren. Wir lesen in derselben ja die Grabschrift des dritten, vierten und fünften Bischofs, nämlich des Pankratius (425‑455), des Herculius, und Pancratius II (493). Unter Troculus soll das Oratorium der ersten Kirche, an deren Stelle die jetzige Kathedrale steht, einverleibt worden sein; bei dieser Gelegenheit, sowie bei dem Tode von Troculus' Nachfolger, S. Cassius, hat das Oratorium schon zum Teile seine ursprüngliche Gestalt verloren.

Die Gruft des hl. Juvenalis muss in sehr früher Zeit vermauert und vergessen worden sein; denn sie kam erst 1642 zur Zeit Urban's VIII wieder an's Licht. Die Reliquien, welche dem Sarkophag entnommen wurden, setzte Bischof Gianpaolo Bucciarelli p49unter dem Hochaltare der Kirche bei. Die andern hl. Leiber wurden schon früher und zwar vor dem 13. Jahrhundert geraubt, so die Reliquien des hl. Cassius und der presbytera Fausta, welche sich in Lucca befinden.6


The Author's Notes:

1 St. Gregor. Homilie 37.9.º

2 Mit Ausnahme der ebenfalls späten Reliefplatte des Bischofs Cassius.

3 Man vergleiche die Rekonstruktion mit der Aufnahme des jetzigen Zustandes in Eroli's Chiese di Narni, pag. 48.

4 Garucci V Tav. 422, n. 3 (von der Custodia der Reliquien des hl. Viktor).

5 Der Sarkophag ist m 2,05 lang und 1,10 hoch, bei einer Breite von m 0,68.

6 Aus dem nahen Terni publizierte die R. Q. S. eine von de Rossi ebend. 1894, S. 131, besprochene Grabschrift, welche neben dem Titulus in Relief zwei Heilige, mit ihrem Namen als Agape und Domina bezeichnet, aufweist. Wiederholt hat de Rossi in seinem Bullettino auf Monumente altchristlicher Zeit in jener Gegend hingewiesen, manches eingehend besprochen. Es wäre zu wünschen, dass das ganze Material aus dem ehemaligen Dukat Spoleto und den angrenzenden Gebieten auf Grund neuer Forschungen und Untersuchungen im Zusammenhange behandelt würde, um so mehr, als fast jedes Jahr bald dieses, bald jenes Stück verschwinden wird. Im Bullettino 1867, p27, veröffentlichte de Rossi einen Sarkophag aus Riano, di mirabile integrità; später fand ich ihn in Rom im Garten Boncompagni, barbarisch verstümmelt; alle Köpfe waren abgeschlagen. Von den Ruinen mancher alten Kirchenbauten, deren Studium zu wertvollen Ergebenheiten für Hagiographie, Kunst und Kirchengeschichte führen würde, wird in ein oder zwei Jahrzehnten keine Spur mehr vorhanden sein.

d. W.


Valid HTML 4.01.

Page updated: 1 May 09