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Das Alter der Regionsbeschreibung
und Ihre Überlieferung

Die Beschreibung und Statistik der 14 augustischen Regionen ist auf uns gekommen in zwei nur wenig von einander verschiedenen Ausgaben, welche Bearbeitungen einer während der Regierung Constantin des Grossen veranstalteten Redaction dieser Beschreibung sind. Von diesen Ausgaben, deren Alter gleich zu erörtern sein wird, ist uns die frühere ohne Titel erhalten: es ist die sogenannte

Notitia (welchen Namen wir der Kürze halber beibehalten). In den Handschriften tritt diese Ausgabe in Verbindung mit verschiedenen anderen der Epoche derselben nahestehenden Schriften auf:

I. S = cod. Vindob. 3416 (früher 56) s. XV. Dies is, wie Mommsen in seinem Chronographen von 354 ausführlich dargelegt hat (Abh. der sächs. Gesellschaft d. W. 2, 549 ff. besonders 606 ff.) die Abschrift einer Hs. etwa des 9. Jahrhunderts gleichen Inhalts, welche enthielt, mit Ausschluss eines nicht zum ursprünglichen Ganzen gehörigen Stücks:

1) folgende von dem Kalligraphen Furius Dionysius Filocalus geschriebene oder zusammengestellte und einem Christen Valentinus als Sammlung dedicirte Artikel: den Kalender, die Consularfaste, die Ostertafel, das Präfectenverzeichniss, Gedächtsnisstage der Bischöfe und Märtyrer, Verzeichniss der römischen Bischöfe;

2) die Weltchronik, die Stadtchronik und die Regionen Roms, die beiden ersten sicher in Jahre 334 redigirt,  p4 in der Originalurkunde verbunden waren und organisch zusammengehören, und dass wir berchtigt sind, die in beiden Ausgaben erwähnten Monumente als dem Original entlehnt zu betrachten, die allein in der älteren (Notitia) als Zusätze derselben: endlich dass die jüngere, welche von den zunächt fraglichen mit einer Ausnahme (unten 8) keinen Artikel enthält, der in der älteren fehlte, das Original genauer wiedergiebt als diese.

Hiernach standen in dem Original folgende von Constantin gebaute oder dedicirte Monumente:

  1. basilica Constantiniana R. IV und Anhang (dafür basilica Nova das Curiosum in der Region, aber Constantiniana im Anhang). Erhalten; gebaut nach 308.

  2. porticus Constantini (R. VII). Sonst unbekannt.

  3. arcus Constantini (R. IX). Vielleicht der sog. Janus quadrifrons am Velabrum.

  4. thermae Constantinianae (R. VI und Anhang). Zum Theil erhalten.

Dagegen fehlten in dem Original:

  1. equus Constantini, nur von der älteren Notitia (R. VIII) erwähnt, dedicirt 334.

  2. der Triumphbogen Constantins am Colosseum, errichtet nach 315.

  3. der zuerst dem Romulus, Sohn des Maxentius, dann dem Constantin dedicirte erhaltene Rundtempel (jetzt Vorhaller der Kirche SS. Cosma e Damiano), dem Constantin dedicirt nach 315.

Zu diesen Daten kommen andere, welche das Alter der beiden Ausgaben bestimmen: nur in dem Anhange der jüngeren Ausgabe findet sich:

  1. der im Jahre 357 errichtete Obelisk des Constantius (Amm. 17.4.14).

In beiden Ausgaben fehlen:

  1. die wahrscheinlich während der Regierung des jüngeren Theodosius und Valentinian (425‑450) gebaute Brücke. Hierzu stimmt vortrefflich, dass in dem Anhang 2 die lupanaria noch unter den öffentlichen Anstalten figuriren,  p5 während unter Theodosius und Valentinian im J. 439 das Gewerbe der lenones verboten wurde (Rein, Criminalrecht S. 880). Die Möglichkeit, dass Redactoren der Urkunde nach 439 vergessen hätten diesen Artikel zu streichen, erscheint mir dagegen sehr schwach.

  2. Die Aufzählung der unter Arcadius und Honorius im J. 403 restaurirten 14 Stadtthore der neuen Mauer.

Ausgaben und des verlorenen Originals 1‑6 und 8 bereits von Preller in den Regionen S. 58 ff. und von Mommsen (Abh. der sächs. Gesellschaft der Wissensch. 2, 601 ff.) herangezogen worden: während Preller die Erwähnung des 6ten Obelisken (n. 8) zur Bestimmung des terminus a quo für das Curiosum richtig benutzt, merkwürdigweise aber nicht dessen Nichterwähnung zur Bestimmung des terminus ad quem der Notitia, hat zuerst Mommsen den letzteren Schluss gezogen: die Notitia also ist vor, das Curiosum nach 357 redigirt. Weiter hat derselbe bemerkt, dass die Notitia nicht vor 334 redigirt ist, denn sie nennt (n. 5) den equus Constantini, dessen Dedication nach der von dem Verfasser der einsiedler Inschriftensammlung 'in basi' gelesenen Inschrift ('in basilica' ist missverständlich daraus gemacht worden, Mommsen, Berichte der sächs Ges. 1850, 299) eben in dieses Jahr fällt. Die weitergehende Behauptung, dass die Notitia nicht zwischen 334 und 357, sondern 334 geschrieben sei, weil sie in Hss. mit der in diesem Jahre mit Rücksicht auf jene entworfen zu sein scheine, wird sich bei genauerer Untersuchung also unhaltbar erweisen. Das Fehlen des equus Constantini in dem jüngeren Curiosum ist wohl ein Versehen desjenigen, der den Archetypus schrieb (unten). Endlich hebt Mommsen mit Recht hervor, dass das divi Constantini (R. XI) der Notitia von den Abschreibern herrühre, da sonst regelmässig das divus bei diesem Kaiser fehlt. Für die jüngere Ausgabe lässt Mommsen den Spielraum zwischen 357 und dem 8ten Jahrhundert (in welchem die älteste Handschrift A geschrieben ist) offen. Es kann aber mit voller Bestimmheit behauptet werden, dass das Fehlen  p6 des pons Theodosii et Valentiniani (n. 9) ebenso schlagend die Abfassung des Curiosum vor spätestens 450 fixirt, wie das Fehlen des 6ten Obelisken die Abfassungszeit der Notitia vor 357. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird das Fehlen der 14 neuere Stadtthore (n. 10) für die Abfassung vor 403 angeführt werden können. Ueber beide Daten ist unten ausführlich zu handeln. Mit diesem Ansatz komme ich auf Beckers von Preller Reg. S. 61 mitgetheilte Ancicht zurück, dass das Curiosum älter sei als Honorius, ohne den von ihm angeführten Grund als solchen anzuerkennen, dass die Basilica des Constantin im Curiosum als nova bezeichnet werde: wovon cleich mir. Dass dazu auch die sprachlichen Eigenthümlichkeiten wohl stimmen, ist ebenfalls unten zu zeigen.

Ergiebt sich hieraus zugleich, dass das Original vor der Dedication des equus Constantini (334) geschrieben is, so fragen wir weiter, ob nicht engere Grenzen aus der Erwähnung und aus der Nichterwähnung der übrigen Bauten Constantins sich ergeben. Es ist bekannt, dass eine Reihe von Bauten, welche Maxentius begonnen oder bereits vollendet hatte, nach seiner Niederlage bei ponte molle den Namen des Siegers erhielten. Victor Caes. 40, 26: adhuc cuncta opera, quae magnifice construxerat, Vrbis fanum atque basilicam, Flavii meritis patres sacravere. a quo etiam post circus maximus excultus mirifice atque ad lavandum institutum opus ceteris haud multo dispar. Der Kaiserkatalog, der mit Licinius († 323) schliesst, unter Maxentius S. 648, 33 M.: hoc imp. templum Romae arsit et fabricatum est, thermas in Palatio fecit et circum in catacumbas. Dass der Tempel der Venus und Roma (fanum Vrbis bei Victor) von Maxentius restaurirt ist, das zeigt die Construction der zum Theil erhaltenen cellae (Nibby R. ant. 2, 738 f., vgl. Henzen Bull. 1868, 63). Dies geschah vor 308: die Münzen dieses Jahres zeigen den T. der Roma (unten). Von seinen Thermen auf dem Palatin ist sonst Nichts bekannt: die von Einigen für diese gehaltenen balneae Palatinae sind vielmehr Pallacinae (s. das Verz. der vici u. d. W.) und das balneus imperatoris einer Urkunde v. J. 975 (Mittarelli Ann. Camald. 1 Append. n. 41) lässt, wi unten gezeigt werden soll, eine bestimmte  p7 Deutung nicht zu. — Dass der circus ad catacumbas der noch heute vor porta S. Sebastiano erhaltene ist, steht fest seit dem Jahre 1825, in welchem Nibby unter den Trümmern des Eingangsthors die Dedicationinschrift gefunden hat. Sie lautet nach Kellermanns Abschrift in Borghesis Opere 3, 156 (besser als bei Nibby Roma ant. 1, 633 Or. 1069): divo Romulo n(obilis) m(emoriae) v(iro) cos. or[d](inario) II, filio d(omini) n(ostri) Maxent[i], vi . . . . . Aug(usti) nepoti, .t. (?) divi Maximiani sen[i]oris ac [iunioris Augusti?] Die Dedication ist also im Jahre 309 erfolgt, und Constantin scheint dieses Gebäude nicht umgetauft zu haben, also ist die naheliegende Vermuthung, bei Victor sei das maximus (hinter circus) zu streichen und der circus ad catacumbas gemeint, unzulässig. — Dier früher von den Topographen fälslich als Friedenstempel bezeichnete Ruine ist die von Victor erwähnte basilica Constantiniana oder nova in unseren Urkunden). Da an er Wahrheit des Berichts (Nibby R. ant. 2, 248 Bunsen Beschr. 3, 1, 298) nicht zu zweifeln ist, dass zwischen den Ziegeln dieses Gebäudes eine Münze des Maxentius vom Jahre 308 sich gefunden habe (es ist die von Eckhel 8, 36 verzeichnete mit der Aufschrift den Tempel der Roma), so ist sie von Maxentius vor 308 gebaut. Dass diese Basilica noch nc 357 'die neue' heisst, kann, wie schon Preller S. 61 bemerkt, nicht auffallen. Diese Bezeichnung konnte sie in Gegensatz zu den älteren (die letzten gehören der Zeit der Antonine an) ist der arcus novus (R. VII), wahrscheinlich sind es die duo templa nova Spei et Fortunae (Notitia R. VII, s. unten). Die Bezeichnung novus ist technisch nicht selten, in späterer wie in früherer Zeit. Wenn die Chronik unter dem Jahre 443 (Roncalli 2, 158) berichtet ceciderunt statuae et portica nova, so sind diese letzteren wahrscheinlich die porticus maximae des Theodosius Gratian und Valentinian, welche die Inschrift der einsiedler Sammlung nennt (n. 15 = Grut. 172, 1). Dies bemerkt de Rossi (Bull. di arch. christ. 1867, 20), welcher di Notiz als unedirt aus einer Hs. von S. Gallen publicirt. Der von Caligula  p8 dedicirte Tempel des Augustus heisst in den Arvalacten aus der Zeit des Claudius und des Galba kurzweg templum novum (Marini 112, Henzen, Annali 1867, 247, 265 Hermes 2, 46), auch in den Acten des Jahres 39 templum divi Augusti novum (Henzen, Scavi nel bosco dei frat. arv. S. 63 Z. 174). Eine Inschrift vom Jahre 158 (Or. 158) nennt ein templum noum (so) zu Bovillä, eine andere zu Kalama ein forum novum (Henzen 5667). Etwas anders steht es mit den gleichfalls technisch so benannten curiae und tabernae veteres, novae, der nova via, damals der einzigen via ausser der sacra, und seit Septimius Severus mit den castra nova der equites singulares (Marini Arv. 549 f.). Dass, wo Verwechslung nicht möglich war, ein solcher Ausdruck sich längere Zeit erhielt, ist begreiflich und richtig wird in Betreff des templum novum von Marini a. O. bemerkt: 'che nuovo si sarà continuato a nominarlo anche quando era già vecchio, e di ciò molti esempj s'incontran tuttavia tra noi'. Die im liber pontificalis als templum Romuli bezeichnete Rotunde vor SS. Cosma e Damiano, d. h. wie nach Canina de Rossi zeigt (Bull. di arch. christ. 1867, 66 ff.), der Tempel des Sohns des Maxentius, ist nach der noch im 16ten Jahrhundert erhaltenen Inschrift Constanti[no] Maximo [triu]mp[hatori] deweiht worden', die Dedication also muss erfolgt sein nicht allein nach 312, sondern auch nach 315: denn seit diesem Jahre führt Constantin auf den Münzen den Namen Maximus (Eckhel 8, 94, vgl. Or. Henzen 5576, 5578). Da aber der Tempel zwischen der Basilica Constantins und dem Faustinentempel auf der sonst so genau beschriebenen Grenzlinie der 4ten Region liegt, so wäre er schwerlich von dem Herausgeber des Originals übergangen worden, wenn derselbe ihn schon als templum Constantini hätte aufführen können.

Wir kommen zu den nicht von Maxentius begonnenen Werken. Vielleicht gehört dazu die sonst unbekannte porticus Constantini (n. 2); nach Victor sicher die thermae Constantinianae (4). Wir kennen eine Restauration derselben im Jahre 443 (Or. 1147), das Jahr ihrer Dedication nicht. Denn dass di von dem Stadtpräfecten und Consul des J. 334 Anicius Paulinus Iunior (Corsini Series praef. S. 185 ff.) gesetzte Ehreninschrift:  p9 amplificatori urbis Romae domino nostro Constantino Maximo Pio Felici victori ac triumphatori semper Aug(usto) u. s. w. als ohne Grund 'in thermis Constantini' gefunden gilt, zeigt Kiriacus, der sie 'in frontispizio cuiusdam domus prope S. Silvestrum' sah (de Rossi, Le prime raccolte S. 162 f.). Der arcus Constantini (R. XI) is wahrscheinlich der erhaltene Janus quadrifrons am Velabrum, was Bunsen zuerst bemerkt hat (3, 1, 363). Die Bestätigung dieser Vermuthung findet Nissen (Templum S. 210) in der Orientirung des Gebäudes und zwar durch folgende Combination: unter den Kalenderdaten, auf welche als Gründungstage die Orientirung des Gebäudes führt, will keins zu einem Janustempel passen, dagegen is darunter, wenn man sich an die Ostfront hält, der 23. Augustu (Volcanalia), durch Circusspiele ausgezeichnet, wenn man sich an die Westfront hält, der 29. October, zur Feier des Einzugs Constantins nach dem Siege über Maxentius ebenfalls durch Circusspiele gefeiert. Also sei das Gebäude zum Andenken an den Sieg bei ponte molle errichtet. — Die ältere Ausgabe, welche möglicherweise nach dem Tode Constantins (337) redigirt ist, nennt den Bogen arcus divi Constantini, die sicher nach 337 redigirte jüngere lässt das divi hier wie bei andern consecrirten Kaisern (unten) fort.

So bleiben als verwendbare Daten nur übrig: das Fehlen des im Jahre 334 dedicirten equus Constantini (oben: denn nur die Notitia erwähnt denselben) und des erhaltenen Triumphbogens. Dass dieser, obwohl auf den Grenzen von 3 Regionen stehend (II, III, X), fehlt, ist, wie Becker bei Preller S. 60 richtig gesehen hat, nur erklärbar, wenn er zur Zeit der Abfassung des Originals noch nicht existirte. Aber wenn ist er errichtet? Die Dedicationinschrift über dem Hauptbogen (auf beiden Seiten wiederholt und nach dem besterhaltenen Exemplare gegenüber dem Colosseum genau facsimilirt bei de Rossi, Bull. di arch. christ. 1863 S. 58) lautet: imp(eratori) Caes(ari) Fl(avio) Constanti[no Maxi]mo P. F. Aug(usto) s. [p. q.] R., quod instinctu divinitatis mentis magnitudine cum exercitu suo tam de tyranno quam de omni eius factione uno tempore iustis rem publicam ultus est armis, arcum t[riu]mphis insignem dicavit (die  p10 Buchstaben in [] sind auf dem Stein ergänzt; wo sie zum Theil noch antick und sicher sind, habe ich sie nicht eingeklammert). Innerhalb des Bogens über den Reliefs steht liberatori urbis und fundatori quietis, über den Seitenbögen gegenüber dem Colosseum (links) votis X (rechts) votis XX, gegenüber S. Gregorio (links) sic X (rechts) sic XX. Tillemont (Constantin Note 37), Cavedoni (seine Aufsätze in den modeneser Opp. relig. lett. e morali t. III und V kann ich nicht einsehen) und de Rossi sind der Ansicht, dass die decennalia im J. 315 zu Rom gefeiert, in diesem Jahre die vicennalia gelobt und in demselben also der Triumphbogen, dessen Bau schon 312 nach der Besiegung des Maxentius begonnen haben mochte, dedicirt worden sei. Dazu kommt, dass der Namen Maximus erst seit 315 von Constantin adoptirt ist. Der sicher datirte titula des Constantin zu Sitifis v. J. 315 hat zu beiden Seiten der Hauptinschrift die Formel vot(is) X und mul(tis) XX. Ueber diese wie die unseres Bogens vgl. Eckhel 8, 478. Sicher falsch also ist di von Nibby (R. ant. 1, 447) aufgestellte Ansicht, dass der Bogen im Jahre der vicennalia (326) nach der Besiegung des Licinius geweiht sei. Dass derselbe tumultuarisch gebaut und mit Reliefs und Statuen eines zerstörten Trajansbogens gesschmückt ist, ist bekannt. Dass dies nicht der Bogen vom Forum des Trajan sein könne, wahrscheinlich aber der Bogen auf der via Appia sei, welchen die Urkunde noch als bestehend in der 1ten Region nennt, ist eine sehr ansprechende Vermuthung von Preller S. 62. Die genauere Untersuchung von de Rossi hat gezeigt, dass auch die Blöcke, auf denen die Hauptinschrift steht, von einem älteren schriften (. .runti, Fabii) aufweisen. — Sicher also ist das Original vor 334, wahrscheinlich vor 315 verfasst, nach diesem Jahre muss also der Tempel der Romulus, vor demselben müssen die Gebäude 1‑4 dedicirt worden sein; was freilich für die ausgedehnten Thermen (4) zu glauben einige Mühe kostet. Indessen scheint an der Schlussfolgerung festgehalten werden zu müssen.

Dass in dem Original keine Stätten des christlichen Cultur  p11 genannt werden, hat die verschiedensten Auslegungen erfahren. Bunsen 1, 175 wollte daraus auf die Enstehung des Buches vor Constantin schliessen, Preller S. 59 aus dem Fehlen der basilica S. Petri neben dem Gaianum und Frigianum (R. XIV) auf die Abfassung vor Gründung dieser Kirche durch Constantin; Mommsen S. 602 nähert sich Bunsen. Dagegen meinte Becker Top. S. 709, der Verfasser habe durch dieses Stillschweigen sein Heidenthum bekannt. Mir scheint keine dieser Meinungen durchzuschlagen. Es muss vor Allem festgehalten werden, dass das Buch in seinen beiden Theilen keine Beschreibung von Merkwürdigkeiten, sondern ein aus amtlichen Materialien zusammengestelltes Actenstück ist. Nun hat zwar de Rossi a. O. auseinandergesetzt, dass die früher mit Unrecht für spätere Correctur gehaltenen Worte der Inschrift des Triumphbogens instinctu divinitatis (s. ausser de Rossi Henzen su Or. 1075 und Bull. dell' Inst. 1863, 168, Reber, Ruinen S. 430) als eine redende Verbeugung des xm grössten Theil heidnischen Senats vor der damals bereits offenkundig gewordenen christlichen Gesinnung des Kaisers zu betrachten sind. Allein so offenkundig diese Gesinnung sein mochte, so unbestreitbar es vielleicht sein mag, dass, wie derselbe ausführt, schon kurz vor der Errichtung des Bogens (313) im kaiserlichen Palast im Lateran der römische Bischof residirte, und mit kaiserlichen Gelde Kirchen gebaut wurden, so lässt sich doch daraus für unsere Urkunde gar kein Schluss ziehen. Denn die Aufzeichnung der Stätten des christlichen Cultus und die Statistik der Stadt und städtischen Verwaltung mussten zweigrundverschiedene Dinge bleiben: jene hat sich nie in das Schema dieser eingefügt. Während im Geschäftsverkehr noch bis ins 11te Jahrhundert hinein die alte Eintheilung in 14 Regionen sich traditionell erhielt, hat die Beschreibung der heiligen Orte doch nicht an diese angeknüpft und nicht anknüpfen können. Nur für die Märtyrergräber vor den Thoren bot, wie wir sehen werden, das nach 403 zu den Regionen hinzugekommene Verzeichniss der neuen Thore mit christlichen Namen eine passende Grundlage. Erst Polemius Silvius (448) fügt in einer für Zwecke der Belehrung gemachten Bearbeitung der Anhänge die cellulae martyrum,  p12 noch später Zacharias (unter Justinian) in oder aus einem ähnlichen Büchlein die ecclesiae apostolorum und die coemeteria, ubi conveniunt et sepeliunt hinzu. In der oben besprochenen Sammlung vom Jahre 354 sind zwar mit der Stadtchronik, den Regionen, den Consuln- und Präfectenverzeichnissen die Liste der römischen Bischöfe und der Gedenktage dieser und der Märtyrer zum Handgebrauch für christliche Leser vereinigt, allein diese Acten der römischen Kirche und die der Stadt- und Staatsverwaltung sind weder in einem gemeinsamen Archiv bewahrt, noch von demselben Redactionspersonal angefertigt worden. Und grade, dass auch in dieser Sammlung ein Verzeichniss der Kirchen- und Märtyrerstätten noch fehlt, eine notitia ecclesiarum und ein Tractat de locis Sanctorum erst im 7ten Jahrhundert zum Verschein kommt (beide erhalten, de Rossi Roma sotterr. 1, 138 ff.), ist gwiss ein starker Beweis mehr dafür, dass aus dem Fehlen der christlichen Localitäten kein anderer Schluss zu ziehen ist, als dass das Original sich streng in den Grenzen des Kanzleistils gehalten und dass die Ausgaben an dem officiellen Charackter des Buchs Nichts geändert haben. — Der Anhang führt uns ferner die hauptstädtische Garnison in der Organisation, wie sie Septimius Severus vervollständigt hatte, zum Theil die Lager und Wachtposten derselben als noch bestehend vor: es fällt auf, dass neben den castra equitum singulariorum duo zwar die cohortes praetoriae X, nicht aber die castra praetoria erscheinen und diese in der 6ten Region ebenfalls in dem Original nicht standen, sondern von der älteren Ausgabe (redigirt nach oder in 334) hinzugefügt sind. Es ist bezeugt, dass Constantin nach der Besiegung des Maxentius die Prätorianer auflöste und ihr Lager aufhob (Zosimus 2, 17 τὰ φρούρια καθελών vgl. Victor Caes. 40, 24). Dasselbe berichtet Lactanz (de mort. pers. 26) von Galerius Maximianus: castra praetoria sustulerat, spricht dann aber von milites pauci qui Romae in castris relicti erant. Constantin wird denn wohl auch das Lager bis auf die drei noch erhaltenen und schon damals bereits einen Theil der Befestigung bildenden Aussenmauern zerstört haben, vielleicht gleich nach dem Siege, und so mag deshalb  p13 die Originalkunde weder in der 6ten Region noch im Anhange das Lager erwähnnen, während natürlich der Name an der Localität haften blieb und sie so von dem Redactor der Notitia wieder nachgetragen werden konnte. Sind nun die in Anhange erwähnten cohortes X so wenig wie die cohortes VII vigilum die Wachtposten, sondern die Truppentheile selber, so kann diese Notiz des Anhangs leicht aus der vorconstantinischen Redaction mit herüber genommen worden sein (vgl. unten). Wien die Prätorianer scheinen ja auch die equites singulares durch Constantin beseitigt zu sein und daher finden sich ihre wie der Prätorianer Grabstätten in S. Costanza und im Mausoleum der Helena (de Rossi Bull. dell' Inst. 1863, 67). Gar nicht hierher gehört das amphitheatrum castrense, dessen Zugehörigkeit zu den Prätorianern nicht bezeugt ist. Endlich bedarf es wohl kaum der Erwähnung, dass wie die Erwähnung der aediculae in den vici, so die der castra victimariorum im 2ten Anhange Nichts entscheidet. Diese castra, als zu dem Organismus der Verwaltung gehörig, konnten selbst nach Abschaffung des heidnischen Staatscultus in einem Buche wie das vorliegende noch erwähnt werden.

Die Terminologie und die Sprache der beiden Ausgaben seigen bedeutende Verschiedenheit. Durchweg correcter is die ältere Notitia; aber mittelalterliche Barbarismen sind auch im Curiosum ganz vereinzelt und, wo sie vorkommen, unzweifelhaft nicht dem Redactor zuzuschreiben. Ganz vereinzelt steht zunächst die legendartige Bemerkung in der 14ten Region Herculem sub terram mediam cubantem] sub quem plurimum auri positus est (welche schon Preller Reg. S. 54 als Glossem bezeichnet hat). Vielleicht sind ebenfalls Glosseme die Erklärungen im Breviar lacos] quod est putea und latrinae] quod est sicessos (das schono von Hieronymus gebrauchte Wort war, wie noch jetzt in einigen Gegenden Italiens 'cesso', das gewöhnliche). — Im Uebringen lassen sich die Eigenthümlichkeiten der Sprache und Ausdruckweise sehr wohl mit der angenommenen Zeit der Abfassung vereinigen. Sie mögen gleich hier mit denen der Notitia verglichen werden.

 p14  Was zunächst die officielle Stilisirung des Buches angeht, so ist diese in der älteren Notitia strenger festgehalten, als im Curiosum. Die Notitia nennt fast durchgehend die consecrirten Kaiser (Eckhel 8, 463) mit ihrer officiellen Bezeichnung: divi Veri Parthici et divi Traiani (R. I), divi Alexandri (R. IV), divi Traiani (R. VIII), divi Antonini, divi Severi (R. XI), endlich divi Constantini (R. XI): das Curiosum lässt mit Ausnahme des divi Veri (R. I) überall den titel fort. Dass die Notitia hier mit Ausnahme des divi Constantini (worüber oben S. 5) dem Original folgt, leidet keinen Zweifel; dasselbe wird ebenfalls templum divi Claudii, divae Faustinae (R. II), divorum Titi et Vespasiani (R. VIII) gesagt haben, welchen Kaisern in beiden redactionen der Titel fehlt. In dieselbe Reihe gehört die genauere Bezeichnung der Tempel in der Notitia: templum Romae et Veneris, Iovis Statoris (R. IV), Iovis Victoris (R. X) (statt Romae, Iovis), dazu Genium p. R. aureum (R. VIII: aureum fehlt im Cur.), auch templum Claudii (R. II: Claudium Cur.), t. Florae (R. VI: Floram Cur.): dagegen haben beide Cererem, die Notitia Fortunium (R. XI) und das Curiosum (R. VIII) t. Castorum et Minervae zur Bezeichnung der Vereinigung beider Tempel durch Domitian (wie die Stadtchronik, et Minervae lässt die Not. aus). Auch in diesen Bezeichnungen folgt die Notitia gewisse knapper dem Original. Consequenterweise müssen wir also dasselbe wohl für die Schreibung von aediculae, vicomagistri, curatores annehmen. Diese drei Worte werden in AS der Notitia regelmässig in der ältesten Hs. des Curiosum abgekürzt: aed. (dafür häufig aedem, im Breviar adem) . . . curat̅. . . vicomaḡ. Wenn nun BC dafür meist aedes, vicomagnum (vicomagno, vicomagn̅.), curatoria (curatorie, curationes) setzen, während B der Notitia durch seine Abkürzungen seine Abhängigkeit vom Curiosum beweist, so zeigen diese Auflösungen, dass auch die Originale von BC die Abkürzungen des Curiosum aufnehmen. Dasselbe gilt von den Cohorten der Vigiles. Das Curiosum und B der Notitia schrieben regelmässig cohortes I (bis VII) vigilum, die Notitia regelmässig cohortem I  p15 (bis VII) vigilum. Es ist undenkbar, dass der Redactor des Curiosum mit Consequenz diesen Unsinn geschrieben hat, vielmehr wird er cohort. I vigilum gesetzt haben, was demnach ebenfalls in den Text aufzunehmen war. Die Zahlen endlich habe ich consequent in Zahlzeichen ausgedrückt, wie dies in der ältesten Hs. des Curiosum A fast ausnahmlos geschehen ist, die besten Hss. der Notitia (Sicherheit hebe ich nur für A) schwanken insofern, als sie in der Regel die kleineren Zahlen in Zahlzeichen, die grösseren der insulae und pedes meist in Worten ausdrücken. Dass die Originalkunde, wies der Stil eines solchen officielle laterculus und dessen Uebersichtlichkeit fordert, regelmässig die Zahlzeichen gesetzt hat, kann wohl nicht zweifelhaft sein. Die Ansicht Prellers also, nach welchem (S. 58) die Abkürzungen sämmtlich der 'im Lapidarstile' abgefassten Originalkunde angehörten, ist unhaltbar.

Ferner kommt Sprache und Orthographie in Betracht. Die Genetive der 1ten Declination in Eigennamen lauten im Curiosum regelmässig auf es; Africes, Agrippes, carruces, Dianes, Domities, Galbes, Gites (d. h. Getes), Felicles, Libies, Matidies, Marcianes (so der Anhang, in der Region Marciani), Syres. Man wird leicht sehen, dass die beste Gestalt der Notitia S fast ebenso regelmässig die Formen auf ae, dagegen AB nicht selten die auf es haben; B ist abhängig vom Curiosum. Der Kalender des Philocalus v. J. 354 hat neben Annae, Fortunae, Lunae die Formen Dianes, Mammes (5. Sept.; doch wohl = Mammae, d. h. Mammeae, wie diaetae Mammeae im Volksmunde ad mammam hiessen) Minerves, das von Bellori (Fragm. vestigii veteris Romae S. 1) herausgegebene Bild mit Darstellung von Gebäuden der Küste von Puteoli bal(nea) Faustines. Diese Beispiele der Form auf es sind den übrigen sämmtlich späten und wie die der älteren Form auf aes der vulgären Sprache angehörigen bei Neue (Formenl. 1, 12 f. vgl. Bücheler Declination S. 34) hinzufügen. Es wird also angenommen werden dürfen, dass das beiden Redactionen zu Grunde liegende Original von diesen Formen frei war. — Ebenso sind dem Curiosum und hie und da der Hs. A. der Not. eigen die heteroclitische Form Abascantis für Abascanti  p16 (R. I), cochlidae für cochlides (Anhang), pentapylus (R. X), amphitheater (im Accus. amphitheatrum castrensem in der 5ten; amphitheater hat zweimal die Stadtchronik S. 646, 7 647, 21 bei Mommsen), theater (?theatrum qui in der 9ten, quod nur B der Not.); beide Redactionen lupanarios (R. II, im Anhang lupanariae das Cur., lupanaria die Not.), macelli (Anhang), rostras (R. VII: so das Cur. und S der Not., rostra AB). Von diesen Formen mögen also einige vielleicht schon in das Original eingedrungen gewesen sein: schon die Vulgärsprache der republikanischen Zeit hat aber Formen wie macellus, compitus, forus, castellus u. a. (Neue 1,549 ff., Bücheler S. 3), die spätere portica (oben S. 7) maesoleus, podius (Stadtchronik S. 648, 25) aufzuweisen. — Endlich ist porticum absidatum (R. IV, absidatam A der Not.) und margaritarium (R. VIII) beiden Recensionen gemeinsam. Das feminine obelisci im Cur. (Anhang) braucht nicht mit Preller S. 221 aus vorschwebendem agulia erklärt zu werden. — Die Orthographie ist ebenfalls im Curiosum barbarischer als in der Notitia: jenes schreibt b für v in Iobis (R. IV, VII, X, XI), Libies (R. III), Flabiam (R. VI), bestilia, bascellaria (Anhang, letzteres auch A der Not.), excuvitoria (Breviar); caelespicem (R. X), Gites für Getae, und capet (R. IX, wo A der Not. ebenso, und R. XI, wo so auch AS der Not.), Flamminea (wie regelmässig das Mittelalter), Sillanum oder Syllanum (R. V), Misenantium (R. III) und Insidem rv, wie A der Not., Gentes und mensoleum: die Notitia in ihrer besten Gestalt hat dafür überall die correcten Formen. Die Schreibungen nymphaeum nimfeum, cochlidem coclidem, scholam scolam schwanken, wie das Original geschwankt haben wird. Dass dasselbe in dem Abschnitt über die Obelisken mausoleum (B. der Not., mausuleum S), nicht musileum (Curios.) oder mesoleum (denn dass ist das mensoleum in A der Not.), gehabt hat, is ebenfalls nach den Autoritäten wahrscheinlich: dass übrigens maesolaeum schon die Fasten von Ripatransone (CIL 1 S. 472 z. J. 755) schreiben und dies oder mesolaeum (z. B. Renier n. 512) auch sonst auf Inschriften nicht selten ist, ist bekannt (vgl. Schuchardt Vocal. 2, 321 f., wo noch lib. pont. Stephanus II c. 52 in loco qui mosileos appellatur hinzuzufügen ist). Endlich erkennt man  p17 in dem Sibura beider Recensionen (AC des Cur., S der Not., während Suburam B des Cur., AB der Not. hbn) die Volksaussprach wie in dem Sebura der Inschrift bei Marini Arv. 347a: denn in beiden Schreibungen ist derselbe i-Laut ausgedrückt (vgl. Schuchardt 2, 209). — Man sieht also, dass in das jüngere Curiosum die Eigenthümlichkeiten nicht völliger Varbarei, sondern des Vulgärlateins stärker als in die Notitia eingedrungen und dass das Original zum grössten Theil von denselben frei gewesen ist.

Hbn wir bisher aus chronologischen Indicien die Zeit beider Ausgaben und des Originals festgestellt und die Indicien der Sprache und Terminologie mit jenen in Einklang gefunden, so liegt uns nun ob, eine Analyse der Textes beider Ausgaben vorzunehmen, welche der Untersuchung über Plan und Ausführung des verlorenen Originals als Grundlage dienen muss.

Die Handschriften des jüngeren Curiosum stimmen unter einander genau überein: dass weder B noch C aus A abgeschrieben sind, its (obwohl die Verstümmelung von A im Anhang unter obelisci jungen Datums sein könnte) wahrscheinlich; dass B nicht aus C, folgt z. B. aus dem Fehlen der aediculae in R. IX in C. Hingegen weichen die Handschriften der älteren Ausgabe sehr erheblich von einander ab und Preller hat richtig erkannt, dass die Handschrift B eine selbständige Redaction insofern darstellt, als darin der Text der beiden Ausgaben mit Zugrundelegung der älteren combinirt ist. Es ist sehr möglich, ja mir wahrscheinlich, dass diese Arbeit näher an das 10te als an das 5te Jahrhundert su rücken und eine jener mittelalterlichen Redactionen ist, für welche die Textgestaltung des Solin ein bekanntes Beispiel giebt. Enger die Zeitgrenzen zu ziehen bin ich nicht im Stande. Es ist aber auch viel wichtiger zu zeigen, wie diese Arbeit gemacht ist, wie die Hss. AS sich zu B und wie alle drei sich zu dem Curiosum verhalten. Ueber diese Fragen entscheidet nur eine durchgängige Abwägung der Verschiedenheiten, welche sich von selbst in zwei gesonderte Untersuchungen auflöst: zu erörtern ist, wie es 1) mit den Auslassungen oder Zusätzen, 2) mit der verschiedenen Anordnung  p18 der beiden Ausgaben und ihrer Hss. steht. Zuvor aber mögen einige Fehler zusammengestellt werden, welche beiden Ausgaben gemeinsam sind und zeigen, wie eng sich dieselben an ein ziemlich fehlerhaftes Original anschliessen.

Da die Zahl der Sitzplätze des Circus maximus zu Anfang der von ihm benannten Region (XI) angegeben ist, ebenso des grossen Amphitheaters (III), der Theater, des Odeum und des Stadium (IX), so ist unbedenklich anzunehmen, dass zu Anfang der 9ten Region hinter Circus Flaminius in dem Original aus Versehen qui capit loca tot ausgelassen war. — Ebenso hatte schon vor Preller S. 247 Bunsen 1, 178 bemerkt, dass den Regionen III und IV Jahre 2757, den Regionen XII und XIII Jahre 2487 insulae gegeben werden, dass eine solche Uebereinstimmung undenkbar, mithin Jahre eine Zahl ausgefallen und dafür falsch eine andere wiederholt worden ist. Aber auch ganz geringe Fehler finden sich in beiden Ausgaben wiederholt. In bn Ausgaben steht saniarium für samiarium R. II: dass nicht mit Preller S. 122 an ein Lazareth, sondern an die Werkstatt der samiarii zu denken ist (Edict Diocletians 7, 31 Mommsen, Cic. Phil. 11, 2, 5: vgl. Friedländer in Beckers Handb. 4, 562), scheint mir sicher; choragum für choragium (III); subager für sub aggere (V); trigridatis, wofür nur B auf eigene Hand oder aus einer besseren Hs. tigridatis giebt (VII); lupercam für lupercal (X). Ob dies Schreibfehler des Originals oder Fehler der Volksaussprache seien, die sich in beide Ausgaben: ich möchte fast das letzte annehmen. Die Volksausprache mag auch den Schreiber des archetypus der Notitia verleitet haben IIII scauros (umgekehrt häufig in Hss. Cladius für Claudius u. A.) zu schreiben, während in dem archetypus des Curiosum richtig scaros stand, wie die Inschrift jenes negotiator penoris et vinorum de Velabro a IIII scaris beweist (Henzen 5087 Schöne und Benndorf, Lateran n. 116). Aber in den vorausgeenden Worten steckt ein in beide Redactionen übergegangener Fehler. Das Curiosum hat: aquam cernentem IIII scaros (sacros BC) sub eadem, die Notitia aquam cernentem IIII scauros (scaros  p19 B aus dem Cur.) sub aede (AB), oder IIII scauros aquam cernentem sub aedem (S): die Umstellung von S wird man gegen AB aufgeben müssen, hingegen in aedem das richtige eadem des Cur. wiederkennen dürfen. Der erste unglückliche Emendationsversuch scheint der des sogenannten Sextus Rufus (bei Becucci, Rer. Ital. script. 2, 1188) zu sein: equa cerens quatuor satyros. Unglücklich war auch die Erklärung Ruccellais (ebend. 953) 'ubi piscina vel aqua saliens scaros IV e marmore peregrino vel alio lapide secerneret', was wohl einer Widerlegung nicht bedarf. Ich habe früher (Hermes 2, 88) erinnert, dass in cernens ein Beiwort stecken müsse, ähnlich dem arcus stillans (Volksbezeichnung für die madida Capena, Schol. Juv. 3, 11), meta sudans, vielleicht die porta pluens bei Martial 4, 18 (Becker Top. A. 1259). Ich glaube jetzt, dass das Original las: aquam ferventem, III scaros sub eadem. 'Das kochende Wasser' ist für eine von oben herabstürzende Wasserkunst nicht hühner als die 'schwitzende meta', welche Niebuhr (Beschr. 3, 1, 313) ganz unrichtig von dem aus vielen Röhren wie aus Poren hervorbrechenden Wasser erklären wollte, während doch das den Kegel von oben her überfliessende und ihn badende Wasser des Bild veranlasste. Wenn nun bei Dichtern die brausende See mare fervidum heisst, das Kochen der aquae ferventes (Inschr. Hermes 4, 282) einen sonus fervens giebt (Plin. N. h. 2.193) und Vitruv 8, 3, 2 von den ursprünglich heissen aber durch einen langen Lauf erkältenen Quellen der Albula und ähnlicher Wasser sagt: cum sunt frigidi, videntur aspectu fervere, so wird schwerlich Jemand gegen die Bezeichnung 'das kochende Wasser' für einen solchen Quellen in Aussehen und Geräusch ähnlichen Wassersturz etwas einwenden können. In oder an dem lacus, in welchen er fiel, wd die IIII scari aufgestellet gewesen sein. Diese von jener aqua zu trennen und zu lesen IIII scari sub aede verhindert mich das Fehlen eines Tempelnamens: ich könnte also die Berufung etwa auf das sub saxo (sacro) oder die Inschrift bei Mazocchi (Epigr. f. CXVI) sub aede Fortunae ad lacum Aretis (?) nicht zulassen. Die Ansicht Viscontis, die IIII scari seien das Aushängeschild des Ladens jenes Kaufmanns, haben schon die Erklärer  p20 des Laterans mit Recht zurückgewiesen. — Möglicherweise sind setina (Anh. 1) splenis (R. I) und arboratoris (R. XI) ebenfalls Schreibfehler des Originals (unten S. 23).

Es folge hier nun zunächst die Zusammenstellung sämmtlicher dem Curiosum einerseits und der Notitia nach ASB andrerseits eigenen Worte und Artikel:

Reg. Curiosum (ABC) Notitia (ASB)

B

AS

I

et splenis
et splenis (fehlt nur in S)

fehlt

(balneum) Vespasiani

fehlt

(area) Calles

fehlt

(balneum) Bolani

fehlt

(balneum) Antiochiani

fehlt

(templum) Minervae

fehlt

(templum) Tempestatis
divi Veri
divi Veri Parthici
Traiani
divi Traiani

II

ludum matutinum et Dacicum
ludum matutinum et Gallicum

fehlt

armamentarium

III

ludum magnum
ludum magnum et Dacicum ludum matutinum et Dacicum

IV

fehlt

aream Vulcani

fehlt

horrea chartaria
Iovis
Iovis statoris
Romae
Romae et Veneris
basilicam novam
basilicam Constantinianam

V

Alexandri
divi Alexandri

VI

fehlt

malum Punicum

fehlt

castra praetoria AB (fehlt in S)

fehlt

aream Candidi

VII

fehlt

templa duo nova Spei et Fortunae AB (fehlt in S)

VIII

Genium populi Romani
Genium populi Romani aureum

fehlt

equum Constantini
Traiani
divi Traiani

fehlt

umbilicum Romae

fehlt

(horrea) Germaniciana
Graecostadium
Graecostadium AB (fehlt nur in S)

fehlt

(vicum) unguentarium
templum Castorum et Minervae
templum Castorum (et Minervae fehlt)

IX

fehlt

aedes
Antonini
divi Antonini

fehlt

Adrianeum
Minervam chalcidicam
Minervam chalcidicam

fehlt

X

fehlt

aream Palatinam

fehlt

Domum Dionis
Iovis
Iovis victoris

XI

fehlt

qui capet loca CCCCLXXXV
Iovis
Iovis arboratoris (?) SB (fehlt in A)

fehlt

aedem Ditis patris

fehlt

Fortunium

fehlt

Constantini
divi Constantini

XIII

fehlt

privata Traiani

fehlt

XIV

fehlt

balneum Prisci
Herculem sub terram medium cubantem, sub quem plurimum auri positus est.
Herculem cubantem.

Anhang 1

bibliothecae XXVIII
bibliothecae totius Romanae urbis XXVIII bibliothecae n. XXVIII
obelisci VI, in circo maximo duo u.s.w.
obeliscos totius Romanae urbis VI, in circo maximo duos u.s.w. obolisci V, in circo maximo unus u.s.w.
pontes VIII . . . Aemilius
pontes . . . Aemilius pontes . . . Aemilius S, pontes septe. . (Aemilius fehlt) A
Fori XI . . . suarium fehlt
suarium fehlt  
thermae XI A, X BC, die Decianae fehlen in ABC
thermae XI . . . Decianae
aquae XVIIII] Alsetina aetina
Alseatina. Alseatina setina

Anhang 2

lacos] quod est putea
fehlt
latrinae] quod est sicessos
fehlt

Aus dieser Uebersicht ergiebt sich für das Curiosum, dass dasselbe streng genommen, ausser dem erwähnten zweiten Obelisken im Circus, aus dessen Erwähnung sich die Zeit der Abfassung nach 357 ergiebt, nicht ein einziges Monument mehr nennt als die Notitia. Denn wenn sie in der 9ten Region Minervam chalcidicam giebt (wie auch die Stadtchronik unter Domitian), und von den Hss. der Notitia nur die aus dem Curiosum interpolirte Hs. B, so ist mindestens die Wahrscheinlichkeit sehr gross, dass B hier wie anderwärts seiner vollständigeren Hs. der Notitia folgte, dass also die Notitia diesen Tempel so gut hatte wie das Original und wie die Stadtchronik. Der Zusatz zu Herculem cubantem (XIV) ist sicher und zwei andere zu lacos und latrinae (Anh. 2) wahrscheinlich nicht von dem ersten Redactor, sondern von dem Schreiber des archetypus gemacht, wie oben gezeigt wurde.

Dagegen hat die Notitia mehr als das Curiosum eine ganze Reihe von Artikeln, von denen sicher nicht im Original stand der equus Constantini; derselbe fehlt ebenfalls in dem jügeren  p23 Curiosum. Von den übrigen Artikeln stehen manche nicht in allen Hss., da aber keine derselben (auch B nicht) unbedingt gegen die anderen zurückstehen muss und Mommsen einige Male mit Unrecht allein S als Vertreter der Ueberlieferung hingestellet hat, ist zunächst die Abweichung derselben in den fraglichen Artikeln zu beurtheilen:
R. VIII Graecostadium fehlt nur in S, steht in AB, wie im Curiosum, also kein Zusatz der Notitia. S. unten.
R. VII templa duo nova Spei et Fortunae fehlt nur in S, steht in AB, fehlt im Curiosum, also Nachtrag der Notitia: als Glossem betrachtet von Mommsen. S. unten.
R. I et splenis fehlt nur in S, steht in AB (et plenis A) und im Curiosum: als Dittographie des vorausgehenden Apollinis betrachtet von Mommsen. Scheint verdorben.

Warum also sollte nicht Nachtrag der Notitia zum Original sein
R. VI castra praetoria fehlt in SB (in B nach Hirschfeld) und im Curiosum, steht in A? als Glossem betrachtet von Mommsen?

Umgekehrt müssen wir annehmen, dass aus der Originalurkunde die vielleicht verdorbene Bezeichnung Iovis arboratoris stammt, denn
R. XI arboratoris fehlt im Curiosum, steht in Not. SB: Iovis arboratoris fehlt in Not. A. aus Versehen wie die aemilische Brücke.
Anh. I pontes VIII . . . Aemilius das Curiosum, pontes . . . Aemilius BS, pontes septem . . . (Aem. fehlt) A.

Geht aber hier B einigemal mit S oder mit A gegen die schlechtere Ueberlieferung, so dürfen wir die beiden Monumente, die es allein von allen hat,
R. XI Fortunium, vermuthlich das uralte Heiligthum auf dem Aventin;
R. XIII privata Traiani, auch sonst bekannt (unten),

eher einer besseren Ueberlieferung der von B benutzen Notitia als einem selbständigen Nachtrag zu derselben zuschreiben. Dazu kommt noch folgende Angabe. Der Anhange nennt ludi IIII,  p24 wie auch die Stadtchronik unter Domitian. Es ist nach dem, was unten über den Anhang gesagt werden wird, zwar nicht gewiss, aber in hohem Grade wahrscheinlich, dass diese vier ludi in den Regionen aufgeführt worden sind. Nun hat aber

  Curiosum (ABC) Notitia B Notitia AS

R. II

ludum matutinum et Dacicum
ludum matutinum et Gallicum
ludum matutinum et Gallicum

III

ludum magnum
ludum magnum et Dacicum
ludum matutinum et Dacicum

Die vier Namen sind auch sonst bekannt, am bekanntesten der matutinus (den, wie unten gezeigt werden soll, Hieronymus allein an Stelle der ludi IIII der Stadtchronik nennt), die Lage um das Colosseum herum ist begreiflich, aber allein durch unsere Urkunde fixirt. Entweder ist nun auch im Curiosum der Dacicus oder gar auch der magnus Glossem und das Original nannte nur den matutinus (und magnus), oder B hat allein die echte Ueberlieferung erhalten: freilich bleibt noch eine andere Möglichkeit, welche im nächsten Abschnitt besprochen werden soll.

Da nun nach der früher gegenene Altersbestimmung Prellers Ansicht, dass die Notitia eine vermehrte Ausgabe des Curiosum sei, unhaltbar geworden ist, so bleibt nur die Wahl, ob man in dem jüngeren Curiosum ein epitomirtes, oder in der älteren Notitia ein glossirtes Exemplar des Originals erkennen will. Zu Gunsten der letzteren Annahme spricht die längst festgestellte Thatsache, dass die Zusätze der Notitia häufig die richtige Reihenfolge stören. Nicht dagegen spricht, dass abgesehen von der Ordnung die ältere Ausgabe sich in Sprache und Terminologie dem Original enger anschliesst. Bei der Untersuchung ddr verschiedenen Reihenfolge sehe ich zunächst ganz von den Anhängen ab. Für die Regionen betrachte ich hier als erwiesen, dass die Beschreibung die auf den Grenzen derselben liegenden Gebäude nennen sollte, jedoch ohne die gewöhnliche Annahme zu billigen, dass diese Aufzählung zu demselben Punkte, von dem sie ausgegangen war, zurückkehren müsse. Nun ist es so unverkennbar, wie bisher verkannt, dass die Umstellungen in der Notitia meistentheils da eingetreten sind, wo sie Zusätze  p25 zum Original gemacht hat: ich habe also die Zusätze herausgehoben und an den Rand gesetzt, neben den Artikel, hinter welchem sie eingeschoben sind; ferner dass die schon in die ältesten Handschriften (wenigstens A des Curiosum und theilweise A der Notitia) übliche unübersichtliche Art die Namen continenti scriptura zu setzen, nicht die ihrer archetypi gewesen sein kann: in diesen sind vielmehr die Namen in Columnen geordnet gewesen. Aus einer solchen Anordnung erklärt sich leichter die Vertauschung von ganzen Gruppen oder von zahlreichen Paaren von Namen, vielleicht auch aus dem Nebeneinanderstehen von Columnen das Uebergreifen aus einer in die andere Rubrik, wofür die sichersten Belege der Anhang in den Artiklen viae und aquae bietet. Fälle, in denen die Namensvertauschung ganz wild und aus diesen Bedingungen nicht erklärbar wäre, giebt es kaum. Ich habe also die vertauschten Gruppen, Paare oder einzelne Namen so numerirt, dass die Ordnung des Curiosum als die normale erscheint. Hiernach wird die Zusammenstellung sämmtlicher Verschiedenheiten in der Anordnung (die Versehen einzelner Hss. sind übergangen) leicht verständlich sein.

  Curiosum (ABC) Notitia B Notitia AS

R. II

ludum matutinum et Dacicum
ludum matutinum et Gallicum
ludum matutinum et Gallicum

III

ludum magnum
ludum magnum et Dacicum
ludum matutinum et Dacicum

Page updated: 17 Mar 18